Eine neue Jahreszeit für das Humanist Lab

Nach schönen Jahren wurden die Aktivitäten im Humanist Lab immer dünner. Allerdings hatten wir rückblickend ja auch ein ganz schön dickes Brett gebohrt: Eigene und fremde Veranstaltungen, unsere Podcasts, unsere Experimente und Aktionen - das alles zu reflektieren oder auch nur anständig zu dokumentieren, das hatten wir ohnehin nie geschafft. Sunday Assembly war für uns ein intensives und tollen Projekt, von dem wir uns eines Tages verabschieden mussten, um selbst wieder zu neuen Ufern starten zu können. 

Und doch, so langsam dämmerte uns, es war Herbst geworden im Humanist Lab. So viele Themen, die uns lange beschäftigt hatten, gipfeln heute in einer schillernden Krise. Unser Podcast zu "Fakenews" - den Begriff gab es noch gar nicht, und ich halte ihn auch heute für irreführend, datiert vom 01. Mai 2013. Sieht man sich die Liste der Themen an, die folgten, ergibt sich doch eine recht schlüssige Erzählung. Zukunftbezogenere Themen wie The Future of Sex oder auch Church of Data fielen immer mehr hintenüber. Dabei bin ich überzeugt davon, dass sich unser Blick für die Zukunft wieder öffnen muss und wird.

So befinden wir uns nun im Humanist-Lab-Winter. Das Laub ist abgefallen und bereits in den Kreislauf eingegangen, ein kahler Baum, dessen Wurzeln heimlich weiter wachsen, der Kraft und Nährstoff sammelt für den nächsten Frühling. Zugegeben, so ganz stimmt das auch wieder nicht. Denn auch wenn wir gerade keine öffentlichen Veranstaltungen machen, haben wir einen schon immer unsichtbaren Strang des Humanist Labs weiterkultiviert. Ganz zu Beginn haben wir mal Gutscheine verschenkt namens "Get 1 idea for free". Der Gedanke dahinter: Wir stellen uns als kreative Sparringspartner für Menschen und Projekte zur Verfügung. Den Gutschein hat zwar nie jemand eingelöst, aber wir durften immer wieder Menschen mit spannenden Herausforderungen unterstützen. Dabei ging es mal um ein Startup, mal um eine Haus- oder Diplomarbeit, mal um einen Business Case. Auch heute noch beraten wir gemeinnützige Organisationen in konzeptionellen und strategischen Fragen, so z.B. die Patriotische Gesellschaft mit ihrem für jede und jeden nur zu empfehlenden Seitenwechsel-Programm oder demnächst das Hamburger Spendenparlament, das seit eh und je so partizipativ arbeitet, dass sich so manche junge Organisation davon eine Scheibe abschneiden könnte.

Wir sind uns sicher, dass es weitergeht, aber wir wissen auch, was wir nicht wollen. Immer wieder wurden wir gefragt, wie wir mit dem Humanist Lab Geld verdienen bzw. es finanzieren. Die Antwort lautet gar nicht bzw. durch unsere normale selbständige Tätigkeit außerhalb des Humanist Labs. Am Anfang haben wir das so beschlossen, weil wir das Gefühl hatten, dass wir unsere Energie in das stecken wollen, was wir lieben, und nicht in den ganzen Kram drumherum wie Business Plan oder Projektförderung. Zuletzt haben wir uns nach einer kleinen Umfrage an unsere Nutzer wieder genauso entschieden. Klar, was nichts kostet, ... da bleiben Leute häufig unverbindlich, und das ist auch manchmal ein Problem. Einen gewissen Beitrag zu fordern, kann da sicherlich helfen. Aber das Humanist Lab soll kein kommerzielles Projekt sein und auch keines, das sich selbst finanzieren muss. Es soll unser Experimentierfeld bleiben.

Nicht verschweigen will ich aber auch, dass wir insbesondere bei Sunday Assembly gemerkt haben, dass unsere Form des Engagements deutliche Grenzen hat. Ja, wir sind schnell und initiativ. Aber um tragfähige Strukturen aufzubauen, braucht man Menschen, die nicht mehr ihren Interessen folgen, sondern die sich einfach kümmern. Die ganze Scheiß-Frauenarbeit, auf die keiner Bock hat, um das mal beim Namen zu nennen oder Neudeutsch: Community Building. Spätestens wenn das gefragt ist, braucht man eigentlich doch Geld, um jemanden dafür bezahlen zu können, denn eigentlich ist das keine Arbeit, die man noch so nebenbei machen kann. Dass es Tausende Ehrenamtler*innen gibt, die genau so eine Arbeit in Vereinen, Gemeinden, Parteien, im Hospiz oder im Kegelclub machen, davor habe ich heute noch größeren Respekt.

Zumindest in Hamburg wird es Frühling!
Euer Humanist Lab